Vom Geschenk der Privilegien

Zur Weihnachtszeit, da denkt man doch mal gerne an das Schöne, nicht wahr?

An all die feinen, guten Dinge, die man essen wird. An die schönen, besonderen Geschenke, die man verschenken und vielleicht sogar bekommen wird. Und an die Stimmung, die Atmosphäre, das Gefühl.

So mach ich das zumindest. Und oh, was für eine Vorfreude sich da in mir auftut!

Und dann, genau in dieser schönen Zeit, in dieser Zeit der Stille und Einkehr, Liebe und Ruhe soll man sich plötzlich mit den Problemen der anderen auseinandersetzen? Ja gibts denn da keinen besseren Moment? Könnten wir damit nicht noch ein bisschen warten? Da wird ja die ganze Stimmung versaut und nur, weil ich drüber nachdenke, ändert das „bei denen“ ja auch nichts.

Hm.

Wovon ich schreibe? Woran ich denke? Ich meine, es dürfte klar sein. Menschen, die wie Tiere – nein, halt! Nicht, wie Tiere, sondern mit weniger Rechten und Freiheiten wie diese – zusammengepfercht in der Kälte sitzen, während wir uns die Bäuche vollschlagen. Hm. Wenn ich weniger esse, haben „die da“ auch nichts davon. Und außerdem, was soll ICH denn schon ändern? Die Strukturen, die Politik(er*Innen) und halt einfach die anderen, die sollen machen. Und eigentlich hab ich genug Probleme, da brauch ich nicht noch die von „denen“ auch noch. Das denkst du dir?

Wenn das so ist, denkst du dir dann auch, in welch unfassbar privilegierten Situation du bist? Wie viel du wirklich dazu beigetragen hast und wie viel davon schon dein sogenanntes „Vor-Recht“ (Privileg) war?

Falls nicht, dann hast du hier eine kleine Liste an ausgewählten (Weihnachts-)Privilegien, also an Geschenken, die so groß sind, dass sie nicht unter irgendeinen Baum passen, die du aber trotzdem einfach so geschenkt bekommen hast. Wahrscheinlich schon vor deiner Geburt. Und ziemlich sicher einfach so. Ohne, dass du etwas Großartiges dafür geleistet hast.

  • Du wohnst an einem Ort, der sicher ist. Du kannst ein (religiöses) Fest feiern und wirst dabei sogar von allen Seiten gefeiert.
  • Du kannst dir ein Essen leisten, das dich satt macht. Und morgen wird es dich vielleicht sogar übersatt machen.
  • Du schenkst Geschenke, die nicht unbedingt brauchbar (essenziell – notwendig), aber eben schön sind.
  • Du bekommst Geschenke, die nicht unbedingt brauchbar (essenziell – notwendig), aber eben schön sind.
  • Du feierst mit Menschen, die dir wichtig sind. Und auch sie können essen und trinken und schenken und erhalten Geschenke.
  • Du suchst dir aus, welches Gewand du trägst. Soll ja was Besonderes sein.
  • Du machst Pläne, planst deine Feiertage, hast etwas, worauf du dich freuen kannst.
  • Es ist warm. Dort wo du bist, wird dir nicht kalt.
  • Du bist womöglich gesund und falls nicht, weißt du, wohin du dich wenden kannst.
  • Du lebst in einem Land, das in keinem Krieg steckt. Du schaust nach draußen und das Einzige, worüber du jammerst, ist, dass es keinen Schnee gibt.

Uh. Wiedergefunden? Hm. Ich mich auch.

Bin ganz betroffen von meinen eigenen Gedanken. Und mach mir jetzt noch mehr davon.

Das große, das riesen-, riesengroße Geschenk der Privilegien. Denn etwas anderes ist es nicht. Ein Geschenk. Etwas, das wir erhalten haben. Warum? Das wissen wir nicht. Ist halt so. Und ja, auch jetzt – besonders jetzt – sollten wir zumindest einmal drüber nachdenken, über dieses unfassbar große Geschenk, das leider nicht alle bekommen haben.

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