Irgendwie hab ichs mir schon gedacht. Ich habs irgendwie gewusst und hab mich doch dagegen gestellt. Weil ich das ja nicht kann, weil ich das nicht bin und weils auch einfach nie zu meinen Leidenschaften gehört hat.
Was ich meine, ist das Gärtnern. Das Säen, Gießen, Beobachten und Ernten. Das Sorgen und Drandenken, das Wachsenlassen und Geduldigsein. All das meinte ich nicht können zu können. Ich meinte sogar, es nicht können zu wollen. Aus dem Glaubenssatz „Bei mir geht sogar ein Kaktus ein“ wollte ich mich lange (lange!) nicht trennen. Und habs auch nicht versucht.
Und plötzlich hat sich mein Herz aufgemacht – weit geöffnet für die wunder-volle Welt der Pflanzen, Blumen, Gewächse. Und ich bin so unendlich dankbar, dass ich all die Schönheit nun nicht nur sehen, sondern auch mitgestalten kann. Dass ich einen Garten habe, mit dem ich mich so verbunden fühle. Den ich jeden Tag betrete und bestaune, bei dem ich mitfühle und über den ich so froh bin. Jeden Tag gehe ich hinaus in diesen Garten und betrachte diese wundersamen Kreaturen. Freue mich an ihrem Wachstum, an ihrer Gesundheit. An ihren Farben, Formen und Mustern. Jeden Tag gehe ich in diesen Garten und sehe die Fülle, die Unendlichkeit, den Widerstand, die Stärke, die Schönheit, die Vollkommenheit dieser Pflanzen.
Die Natur mochte ich immer, vor allem im Wald oder am Berg. Aber dass ich so eng verbunden sein kann damit, das hab ich erst gelernt. Und dafür hab ich aufmachen müssen. Mich überwinden, Verantwortung zu übernehmen. Mich daran erinnern, dass die zwei Dinge, die diese Pflanzen brauchen, Wasser und Sonne sind und dass ich für eines dieser zwei verantwortlich bin. Es war nicht schwer, dieses Aufmachen für die Schönheit der selbstgestalteten Natur. Aber es war viel, viel folgenreicher, als ich es mir gedacht hätte.
Jetzt haben wir einen Garten und sogar ein Gewächshaus. In unserer Wohnung und am Balkon wächst das Leben. Hinter unserem Haus und vor unserem Haus und überall dazwischen wächst etwas, das ich jetzt so bewusst und dankbar wahrnehmen kann, wie ich mich nicht erinnern kann, das je getan zu haben.
Die Folgen, die dieses Hereinlassen der Natur in mich hat, sind wirklich groß: Ich habe eine neue Leidenschaft. Ich verbringe so viel Zeit in Ruhe, ohne Handy, ohne Computer, ohne Ablenkung, draußen. Ich bin voll bei der Sache, konzentriere mich ganz auf das, was ich sehe, rieche, spüre. Ich fühle eine so große Dankbarkeit, dass die Natur einfach weitermacht. Dass sie wächst und gedeiht, dass sie in unendlich vielen Formen vorkommt und dass sie eigentlich nur Sonne und Licht braucht. Ich übe mich in Geduld und Vertrauen und setze Samenkörner in die Erde. Und dann warte ich. Lange. Und schaue jeden Tag und bin voller Vorfreude und Erwartung, kann es kaum glauben, wenn das Pflänzlein dann durch die Erde bricht und sich der Sonne entgegenstreckt.
Und wie das Samenkorn hatte ich wohl all das bereits in mir und musste nur aufmachen, um diese Leidenschaft wachsen zu lassen.
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