Rein pflanzliche Metapher

In der Pflanzenwelt gibt es einen Ausdruck und einen Zustand, der schon wieder mal so so gut übertragbar ins Leben ist, dass ich gar nicht an ihm vorbeikomme.

Der Begriff heißt „root-bound“ und übersetzt könnte er werden mit „wurzelgebunden“ – eigentlich bedeutet er, dass eine Pflanze keinen Platz mehr in ihrem Topf hat, weil ihre Wurzeln zu groß für diesen sind.

Sehen kann man das daran – und hier der botanische Zugang – dass die Wurzeln vielleicht sogar schon über die Erde herauskommen. Wenn man die Pflanze aus dem Topf hebt, hat sich da schon ein Netz aus Wurzeln gebildet (das die Form des Topfs hat). Was man tun kann, ist, diese Pflanze schleunigst in einen größeren Topf zu übersiedeln. Davor noch die vorgeformten Wurzeln lösen und ihnen etwas Platz geben und dann ab in frische, neue Erde.

Wenn eine Pflanze also über sich hinauswachsen will, das aber nicht kann, weil der Topf zu klein ist, dann passiert Folgendes: Sie überlebt, aber vegetiert mehr vor sich hin. Lasst euch nicht täuschen – sie kann sogar recht gesund und hübsch aussehen. Aber wachsen, das tut sie nicht mehr. Sie produziert keine neuen Blätter, macht keine Blüten und mag eigentlich auch nicht mehr wirklich weitertun. Sie hat einfach keinen Platz mehr in ihrem Topf.

Und was hat das jetzt mit dem Leben zu tun? Na, gibts schon irgendwelche Mutmaßungen?

Als ich bei einer meiner Pflanzen-Fortbildungssessions von dieser root-boundness gehört habe, kam bei mir sofort diese wunderbare Lebensmetapher in den Sinn: Wir leben in einem System/Alltag/Leben, der diesem Topf gleicht. Er ist zwar groß, aber vielleicht einfach oftmals nicht groß genug. Und unsere Wurzeln (die unsere Gedanken, Ideen, Visionen – ja sogar unsere Lebensgestaltung sein könnten) passen sich diesem Topf an. Sie gehen nur an dessen Grenze, doch können nicht darüber hinaus. Wollen tun sie das vielleicht schon, aber sie schaffen es einfach nicht.

Und so machen und leben wir weiter, weil über-leben tun wir ja. Aber unsere Wurzeln, die haben eigentlich irgendwann keinen Platz mehr. Und wir wachsen auch nicht wirklich weiter, bilden keine neuen Blätter (Verwirklichungen, Herzensprojekte,…) und meinen noch, dass das alles gewesen sei.

Wenn wir uns aber aus diesem Topf heraustrauen, unseren Wurzeln ein bisschen Freiheit geben und uns nach einem größeren und passenderen Topf (oder ganz wild: einem großen Garten!) umschauen, kann das zu vielen schönen Dingen führen: Wir haben wieder Platz für neue Ideen, wir können uns ausbreiten, endlich wieder genügend Nahrung (in diesem Fall eher geistige…) aufnehmen und vielleicht kann dieses Platzmachen sogar Früchte tragen.

Denn erst, wenn wir diesen zu kleinen Topf verlassen, geben wir unseren Wurzeln ein bisschen mehr Raum und können diese in die unterschiedlichsten Richtungen ausstrecken. Und das ist der Moment, in dem wir (über uns selbst hinaus) wachsen.

Pflanzenmetaphern. Was für eine wunderbare Sache!

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