Im Bus sitzend denke ich nach. Eine lange Busfahrt. Eine der vielen langen Reisebusfahrten der letzten und nächsten Wochen.
Neben mir mein Papa sitzend, mit mir zusammen Podcast hörend, aus dem Fenster schauend. Gefasst lauschend. Entspannt auf nicht ganz gewisse nächste Reiseschritte freuend.
Kurz drehe ich mich um. Dort sehe ich meine Mama, mit roten Bäckchen aus dem Fenster staunend. Es ist warm in diesem Bus, der uns aus der Wüste hinein in den Dschungel bringen soll.
Eine Reise mit meinen Eltern. Vier Wochen zusammen, auf engstem Raum, schönsten Plänen und beeindruckenden Erfahrungen. Gewohnt bin ich das Zusammensein mit ihnen. Auch zu Hause verbringen wir viel Zeit miteinander, wenn auch mit separaten Alltagen.
Doch gemeinsam zu reisen ist anders.
Die Tage verbringen wir gemeinsam im Bus sitzend, wandernd, essend, schauend, entdeckend, genießend, redend. Die Morgen manchmal schneller als es uns lieb ist – und langsamer als es ihnen lieb ist – durch die jeweilige Ferienwohnung wuselnd. Die Tagespläne über den Haufen schmeißend, den großen Plan an neue Umstände anpassend und die Eindrücke Schritt für Schritt verarbeitend, machen wir uns auf von Ort zu Ort zu Stadt zu Bergdorf zu neuer Gegend, neuer Landschaftsform. Von Kaffeehaus zu Restaurant zu Supermarkt zu Straßenküche schlemmend. Die Abende viel zu spät essend, weil doch noch etwas anderes unternommen oder organisiert oder erledigt oder angeschaut. Oder Skip-Bo spielend und über Erbanteile verhandelnd Tränen lachend.
Gemeinsames Reisen macht etwas mit mir.
Ich beobachte, wie unterschiedlich – und teilweise ganz ähnlich – wir mit herausfordernden Situationen umgehen. Und diese Situationen kommen vor, besonders in einem neuen Land, in einer neuen Umgebung, einer neuen Kultur. Da wird gescherzt und sich lustig gemacht, da wird geschimpft und aneinander Fehler gesucht. Da wird geschwiegen und auf Lippen gebissen, da werden bald danach Lösungen gesucht und Glück im Unglück beschrieben. Da wird zurückgeschaut und reflektiert, da wird durchgeatmet und neu gedacht. Von wem ich was habe, frage ich mich dann in diesen Momenten. Von beiden etwas – und sie vielleicht auch von mir?
Gemeinsam reisend.
Alleine könnte ich keine Reiseführerin sein. Nicht hier. Diesen Part übernimmt Gastón. Er ist derjenige, der Hintergründe verständlich macht, Zusammenhänge erschließt und Entscheidungen mitträgt. Der sieben Schritte im Voraus denkt, damit wir alle sicher den Reiseweg gehen können. Er ist der, der vermittelt und zusammenbringt und die Reiseumstände für uns alle leicht macht. Er ist wahrlich der Fels in dieser Reisebrandung. Für uns alle. Und er macht das ohne zu jammern, ohne mit der Wimper zu zucken – auch, wenn das für ihn viel Energie und Gedankenplatz (oder mental load, wie man das so sagt) und so einige ruhige Momente kostet.
Was hab ich für ein Glück. Was haben wir für ein Glück.
Apropos Glück. Ich bin so, wirklich von Herzen, zutiefst und rundum dankbar für diese Zeit, die wir hier zu viert verbringen können. Nicht nur für all die Landschaften und Berge und Kulturinteressantheiten und all den Genuss und die lange Weile und die Eindrücke und Natur und Begegnungen.
Sondern vor allem für die Tatsache, dass es überhaupt möglich – und noch viel mehr als möglich – nämlich ausgesprochen schön ist, in dieser Konstellation gemeinsam zu reisen. Ich bin dankbar für diese Ausnahmezeit, für diese gemeinsamen Erfahrungen, die zu gemeinsamen Erinnerungen werden. Für die Tatsache, dass meine Eltern so interessiert und abenteuerbereit und komfortzonenverlassend und offen und offenherzig sind, diese Reise mit uns gemeinsam zu unternehmen.
Und dafür, dass diese Reise Platz in unserem Leben hat. Das ist wahrlich ein großes Geschenk.