∆ Von heiligem Wasser, sexueller Erziehung und anderen Aktivitäten ∆

Das nenn ich mal einen Titel! Muss schon sagen, da übertreff ich mich selbst mal wieder.

Stets zu meinen Diensten!

Ich kann euch von dieser Woche so viele Dinge erzählen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Am besten am Anfang. Das macht Sinn.

Die berühmten Steineier von Buenos Aires

Also am Ende des letzen Blogeintrags hab ich ja geschrieben, dass wir zu einer Comicconvention fahren. Und da beginnt auch schon das erste Abenteuer dieser Woche.

Demi (ein Freund von Gastón, in dessen Wohnung wir über meinen Geburtstag bleiben durften) arbeitet als Sprecher für Werbungen und Cartoons – unter anderem für einen, der unter der jungen Bevölkerung Argentiniens sehr bekannt ist. Er ist die Stimme des Hauptcharakters und ist daher zu dieser Comicmesse eingeladen worden, um Autogramme zu geben und von seiner Arbeit als Sprecher zu … sprechen.

Die berühmten Cartoonstars von San Nicolas

Und wir haben uns diesen Spaß natürlich nicht entgehen lassen und sind mit ihm in eine kleine Stadt ca. 3 Stunden westlich von Buenos Aires gefahren. Im Auto mit Mate und lauter Musik sind wir so durch die Pampa gefahren. Und noch nie in meinem Leben hat dieser Satz auch geografisch so viel Sinn gemacht! Die Pampa ist eine Landschaftsform, die geprägt von weiten (endlosen) Wiesen, sattgrünem Gras und Pferden bzw. Kühen ist, die sich darauf tummeln. Wunderschön! Und so anders, wenn am Ende der Weite keine Berge zu sehen sind!

In San Nicolas waren wir dann wie gesagt auf der Comicmesse, ein höchst schräge Angelegenheit für mich als Comicnokerbatzi. Aber gut, Erfahrungen sind ja da, um gemacht zu werden. Viele Leute waren verkleidet, es gab auch die professionellen Verkleideten, die als Star Wars oder Predators (habe ich vorher nicht gekannt, geb ich zu) ihre Show gemacht haben.

Ein berühmter Predator (beim Verlassen des Klassenzimmers – er hat wohl was angestellt…)

Nach der Show von Demi und Agustina (das ist die Kollegin, die das Mädchen in der gleichen Serie spricht), gab es noch Autogramme und danach sind wir ab in die Stadt, haben Pizza gegessen und uns am Hauptplatz mit uns selbst amüsiert.

Was für ein spontaner Schnappschuss!

Am nächsten Morgen sind wir dann los um * tamtatatataaaam* heiliges Wasser zu schlürfen. (Darf man das so überhaupt sagen? Ist das nicht schon Blasphemie? Ich weiß es nicht, aber was wir dort aufgeführt haben, war wahrscheinlich nicht ganz heilig…). Wir sind also zu dieser Kirche, in der im Keller eine Quelle mit einem Brunnen ist, in der durch einen Lichtstrahl die Heilige Maria erschienen ist.

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Die heiligen Matefreunde

Und wenn ich das so schreibe, dann schüttle ich bereits meinen Kopf. Ich bin für so etwas ja gar nicht zu haben, Gastón und Demi haben ein paar (geheime) Videos in der Kirche gemacht, dann sind wir aber schnell raus. ABER und das ist ja gut, wenn es gläubigen Menschen hilft, dann ist das ja gut. Wir haben an der Zapfstelle eine Flasche heiliges Wasser mitgenommen, das wirklich gut geschmeckt hat und sind dann am Heimweg wieder mit Mate und diesmal noch lauterer Musik heimgedüst. Stoppgemacht haben wir bei einem Bauernstandl neben der Straße, haben Früchte gekauft und uns des Lebens gefreut.

Die heiligen Wasserhähne

An diesem Wochenende hab ich mit Gastón und Demi so viel gelacht, und mich selbst auch so lustig gefunden, was mich natürlich noch mehr zum Lachen gebracht hat. Im Auto hinten drin hab ich dann festgestellt, dass ich es liebe, mit Menschen unterwegs zu sein und kleine Abenteuer zu erleben (oder uns selbst welche zu machen), die so auf einer Wellenlänge mit mir sind. Zufrieden und sonnenverbrannt, aber mit einer Flasche heiligen Wassers sind wir am Montagabend wieder in Martinez angekommen.

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Am nächsten Tag haben wir einen Trip in die Hauptstadt gemacht, um Schobi zu treffen. Einen guten Freund von Maxi und mir und unserer Familie überhaupt. Der ist mit seiner Freundin, die hier ein Auslandssemester gemacht hat, am Herumreisen und da haben wir uns getroffen, sind durch wunderschöne Parks geschlendert, haben die Farben der Papageien bewundert und natürlich Mate getrunken. Das Gefühl von Heimat und Zuhause hat sich beim Ratschen und Reden in mir ausgebreitet und es hat auch so gut getan, meine Erfahrungen mit Leuten, die aus dem gleichen Land kommen, zu teilen.

Hier gemütlich im Papageienpark

Die Liste der Aktivitäten hört aber nicht auf, nein, nein! Wie gesagt, diese Woche war vollgepackt damit! Am nächsten Tag hab ich mich mit Luli, einer Freundin von Denise getroffen. Die hab ich in Berlin kennengelernt und gemeinsam sind wir in den Park gegangen, haben Stempeln geschnitzt und einem Dudelsackspieler zugehört. So einer feiner Nachmittag und auch mal schön, was alleine zu machen (Thema Unabhängigkeit und so).

Kreativeln in einem anderen Park

Der nächste Tag hat mit einem ganz besonderen Termin auf mich gewartet: Ich hab eine kleine, deutschsprachige Spielgruppe hier um die Ecke besuchen dürfen. Die haben wir zufällig beim Spazieren entdeckt und daraufhin hab ich Kontakt aufgenommen und sie haben mich eingeladen.

Das Haus ist ein kleines Wohnhäuschen und bereits beim Eintreten hab ich das wohlige Gefühl von Kinder-Leben gespürt. Ein kleines Mädchen ist gleich zu mir gekommen, hat mich umarmt, „hola“ gesagt und ist dann wieder abgezischt. Ich hab den ganzen Vormittag dort verbracht und mitgespielt, getanzt, am Boden gesessen, beobachtet, gemalt, Musik gehört, Bücher angeschaut und die Energie von 2-Jährigen genossen.

Das ist nicht die Spielgruppe, sondern ein Haus, das ich gerne kaufen würde

Die Pädagoginnen sprechen Deutsch mit den Kindern, die Kinder antworten meist auf Spanisch. Ich hab nicht so viel verstanden, weil es mir echt schwergefallen ist, bei einer piepsigen Stimme und abgelenkt vom kleinen, so lieben Gesichtchen auf die Sprache zu achten. Am Ende hab ich noch ein kleines Lied mit ihnen gesungen und gesagt, dass ich sehr gerne wieder kommen möchte.

Ich bin auch mit der Leiterin im Kontakt, sie hat mir am nächsten Tag geschrieben, dass die Kinder schon gefragt haben, ob „Catalina“ heute wieder kommt. Ach, wie schön! Erfüllt und voller Ideendrang bin ich nach Hause, hab Gastón meine Pläne von der Arbeit mit kleinen Kindern erzählt und mich gefreut, dass ich den ganzen Vormittag von so feinen Wesen umgeben sein durfte.

Auch so ein feines Wesen, dieser Gastón

Am Freitag hab ich dann ganze zwei Stunden mit meiner Familie videotelefoniert und das hat so so gut getan. Alle waren da, alle versammelt vorm Handy. Alle haben ihre Geschichten erzählt und ich hab mich ihnen so nahe gefühlt. Es tut so gut zu wissen, dass ich euch habe und so wichtig bin. Danke Papa, Mama, Alex, Maxi, Raphael und Marla. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich euch manchmal vermisse. Und wie warm es mir ums Herz wird, wenn ich daran denke, dass ich so ein unglaublich großes Glück habe, Teil dieser Herzensfamilie zu sein.

Ich geb zu, heute sind meine Fotos etwas aus dem Kontext gerissen – aber teilen möcht ich sie trotzdem mit euch 🙂

Am Freitag waren wir bei der Präsentation eines Buches über sexuelle Erziehung. Dieses hat die Mama eines guten Freundes von Gastón geschrieben, und die beiden haben den Abend gefilmt und ich hab mich ins Publikum gesetzt und genossen, an so einer Veranstaltung teilzuhaben. Alles hab ich natürlich nicht verstanden, aber die Kernpunkte möcht ich gerne mit euch teilen.

Hier in San Nicolas am Fluss Paraná

In Argentinien gibt es, wie erschreckenderweise in ganz vielen Teilen der Welt, eine starke Bewegung der konservativ Rechten. Und diese sind unter anderem gegen die sexuelle Erziehung im Kindergarten, weil sie finden, dass wir Kinder dadurch zeigen, homosexuell oder transgender oder pervers oder wasauchimmer zu werden. Dass wir durch die Erziehung zu selbst- und körperbewussten Menschen die Gesellschaft in eine falsche Richtung bringen.

Jacaranda – der Baum, der gerade in der ganzen Stadt seinen Blütenteppich auslegt

Das andere Extrem ist, dass Kinder nicht mehr berührt werden dürfen, keine Umarmungen, kein Windelwechseln etc., weil das die Integrität der Kinder einschränken würde.

Und dieses Thema nimmt dieses Buch auf und zeigt in Projekten und Ideen für Familien, wie es gehen kann, dass ganzheitliche sexuelle Erziehung von jungen Kindern Zärtlichkeit braucht. Dass Umarmungen nicht Umarmungen sind. Und dass ein Miteinander wichtig ist, wenn wir eine Gesellschaft mit kritischdenkenden, selbst- und körperbewussten Menschen wollen, die ihre Grenzen kennen und die Grenzen der anderen respektieren.

Und dasss iss dass Pla-ne-ta-ri-un (bitte mit lustiger Wisperstimme lesen)

Viele Leute waren anwesend, viel Interesse wurde gezeigt. Das Buch ist natürlich auf Spanisch, aber ich hab mit Santis Mama gesprochen, dass ich das Buch trotzdem gerne haben würde, um die Ideen und Gedanken nachlesen zu können. Und ich vertraue meinen Spanischsynapsen, dass die sich immer mehr und mehr bemühen, mir das Verstehen der Inhalte zu ermöglichen.

Im Anschluss gab es noch ein Konzert von drei Tango-Musikerinnen, ich hab mich wie in einem Film gefühlt. Und was mich berührt hat, ist die Tatsache, dass ich gerade hier bin und so tief in diese Kultur eintauchen darf: Diskussionen über Politik und Erziehung, Musik, die das widerspiegelt, was viele Menschen fühlen.

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Und heute hatten wir einen feinen Familiensonntag bei Gastóns Bruder daheim – bei selbstgemachter Pizza, Eis in 250g-Portionen und einem 3D-Drucker haben wirs uns bei ihm im Patio (das ist der Hof, der im oder zwischen oder vorm Haus ist) gemütlich gemacht! So ein feiner Tag!

[wpvideo SDrt5baf ]

Herrrlich! Ananas, Himbeere und Zitrone mit Schokostücken, geliefert mit Nüsschen zum Verzieren

Diese Woche war wirklich gut. So viele Aufs, so viele bereichernde Momente. Ich bin dankbar für alles hier. Und was ich auch gemerkt habe: Ich darf manche Ideen und Vorstellungen einfach loslassen. Ich muss hier nichts. Weder tun, noch erledigen, noch erleben. Ich bin hier und alleine dadurch tut sich schon so vieles in mir.

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