… und was das mit Ruinen, Veganismus und Reisen zu tun hat, erfahrt ihr in den nächsten Zeilen.
Ich ernähre mich seit offiziell einem Jahr vegan! Das bedeutet, dass ich keine Lebensmittel zu mir nehme, die aus tierischen Produkten gemacht sind. Auch Leder, Pelz und Elfenbein kaufe ich nicht mehr.
Warum ich mich entschieden habe, mich pflanzlich zu ernähren, hat viele Gründe. Inspiriert wurde ich von Gastón, der das seit 4 Jahren macht und mit ihm habe ich ganz viel darüber geredet, diskutiert und erfahren.
Dann habe ich mich damit auseinandergesetzt und mir gedacht, ich probiers einfach mal für ein Jahr. Und hier sind wir – das erste Jahr ist vorbei, ich habs probiert und bin begeistert! Es macht so viel Sinn für mich, „nur noch“ pflanzliche Lebensmittel zu mir zu nehmen, dass ich im Moment gar nicht mehr daran denke, das zu ändern.
Der für mich sinnvollste Grund ist, dass die Ernährung – so, wie ich sie betreibe – für mich sehr gesund und wohltuend ist. Essen macht mir solche Freude – und seit ich vegan esse, kommt mir diese Freude noch größer vor! Ich esse viel, viel Obst und Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte und Samen und genieße jede Speise so, weil ich weiß, dass das für mich (und die Welt) etwas Gutes ist.
Dass sich plötzlich so viele Menschen um meinen Proteinhaushalt, meine Vitaminzufuhr und meine Nährstoffaufnahme kümmern, kommt mir etwas Spanisch vor. Das Interesse ist groß, die Skepsis auch. Aber, und das haben Studien herausgefunden (ja, jetzt bringe ich auch noch die Wissenschaft ins Spiel!) – Menschen, die sich vegan ernähren, kennen sich tendenziell besser mit (ihrer) Ernährung aus, als Menschen, die einfach essen, was es gibt, weil es ja schon immer so war. Also keine Angst, ich bekomm meine Vitamine, Proteine und sonst auch alle lustigen Sachen, die wir so zum Leben brauchen!
Ein weiterer Grund ist, dass ich mich darum bemühe, meinen Kindern und Enkelkindern eine gute Welt zu hinterlassen – und so, wie wir das als Gesellschaft gerade betreiben, so machen wir eher das Gegenteil davon. Ich könnte jetzt davon anfangen, von allen „Umweltsünden“ zu sprechen, das ist aber nicht meine Intention. Ich trage mit meiner Entscheidung, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren, viel dazu bei, die Welt ein bisschen besser (gesünder, achtsamer, empathischer, nachhaltiger, umweltschonender, verantwortungsbewusster) zu hinterlassen. Und das ist ja schon ein schöner Grund!
Natürlich gabs Momente, in denen es einfach einfacher gewesen wäre, das Stück Käse oder die Torte mit Creme zu essen, doch wenn man einmal weiß, woher das kommt, wie es produziert ist und was dahinter steckt, dann geht der kurze Genussmoment schnell vorbei. Und so viel genießen, wie ich es mit dieser Lebens-/Ernährungsform mache, so viel kreatives Ausprobieren, so viel Freude beim Einkaufen, Kochen, Essen – das lohnt sich für mich auf jeden Fall, diese Entscheidung jeden Tag wieder zu treffen.
Hier wären wir also schon mitten in der Thematik der Lebenden und der Toten. Viele lebende Tiere, weniger tote. Aber ich möchte den Bogen schlagen zu einer weiteren wunderbaren Tatsache und zwar:
Wir sind wieder auf Reisen! Seit ein paar Tagen sind wir im Norden Argentiniens unterwegs und ich kann euch sagen, es ist ein TRAUM hier!
Vor ein paar Tagen waren wir im archäologischen Museum von Salta und haben – und jetzt haltet euch fest – eine echte Mumie gesehen! Eine der am besten erhaltenen, die es auf der Welt gibt! Ein kleiner Junge, der von den Incas geopfert wurde. Unglaublich! Zusammengekauert, die Augen geschlossen, die Haut ledrig, die Haare kohlrabenschwarz. In diesem Museum gibt es insgesamt vier Mumien, es werden immer nur zwei gezeigt, die anderen werden bei eisigen Temperaturen aufbewahrt, damit sie noch ganz lange für viele Menschen gut erhalten bleiben können. Die Stimmung um diese Vitrine, in der der kleine Körper sitzt, ist magisch. Ein Relikt aus Zeiten, die wir uns heute nur noch durch genau solche Überbleibsel vorstellen können. Magisch gruselig und zugleich so ruhig und besinnlich. Sehr schräg, diese lebenden Toten.
Wir waren in einer Ruine, die von einer Ureinwohner-Gemeinschaft vor 500 Jahren gebaut wurde. Dort haben wir eine Führung gemacht und die Dame, die diese Menschen als ihr Volk bezeichnet, hat uns viele schöne Details über die Häuschen, die Innenhöfe, die Traditionen, die Kultur erzählt. Am Schluss der Führung hat sie uns ermutigt, uns diese ganzen Szenen lebend und in Farbe, mit Musik, Düften, Geräuschen und echten Menschen vorzustellen. Mit Gänsehaut habe ich ihr gelauscht, berührt von der Landschaft, den Geschichten und der Stimmung auf diesem Berg. Denn was wichtig ist, so hat diese Führerin gesagt, ist, dass wir diese Kulturen als Lebende in Erinnerung behalten – mit ihren Farben, ihren Geschichten, ihren Vorstellungen, ihren Handwerkskünsten, ihren Geschmäckern, ihrer Lebensweise.
Wir befinden uns übrigens gerade auf 2500m in Tilcara, einer kleinen Stadt in der Provinz Jujuy [Chu-Chui]. Bevor die Inca hier eingefallen sind, den Leuten ihre Religion und ihre Brauchtümer aufgezwängt haben, haben viele Menschen mit viel Kultur und Handwerkskünsten hier gelebt. Und das ist er jetzt, der Bogen zu den Lebenden und den Toten. Die, die schon lange tot sind, haben so viel hinterlassen – Häuser und Straßen, Kulturtechniken und -güter. Generationen, die ihnen nachfolgen – die noch heute von ihrer Familie sprechen, das sind die Lebenden, von denen ich schreibe.
Es fasziniert mich, wie wenig ich mich bisher damit auseinandergesetzt habe, wie die Welt funktioniert. Das mag ein bisschen hochtrabend klingen, aber wenn man bedenkt, dass Menschen von Menschen von Menschen von Menschen abstammen, dann ist das schon ganz schön interessant, wenn die Gesichtszüge und Kulturtechniken, die Sprache, der Glaube etc. etc. noch nahe an dem dran sind, was wir „Ureinwohner“ nennen. Schöner klingt der Ausdruck „indigene Bevölkerung“. Der amerikanische Kontinent wurde ja bekanntlich erst im 15. Jahrhundert entdeckt – davor gabs hier ja nichts. Dann haben die spanischen und portugiesischen Eroberer zum Glück die Kirche und die Kultur hierher gebracht und seither sind sie auch zivilisiert, diese Wilden.
Heute haben wir darüber gesprochen, wie unglaublich unglaublich es ist, dass Kartoffeln vor der Eroberung Südamerikas in Europa nicht existiert haben! Dass es zwar Universitäten gab, aber keine Kartoffeln! Dass ein Grundnahrungsmittel – das Gemüse eines jeden männlichen Österreichers – einmal nicht gewachsen ist in unserem Lande! Dass der Austausch von Kulturen (so nennen Gastón und ich das auf überoptimistische Weise) bei so einem basalen Ding, wie einer Kartoffel, so viel ausmacht. Und dann stellt euch mal bitte den Rest vor!
Ach, ich könnte noch ewig weitertipseln, so inspirierend ist dieser Ort hier. Wir sind übrigens in einem Haus, das mit Blick auf die Berge, den Garten und den Himmel viel Ruhe und Freiheit bietet. Die Gegend hier ist Wüste und bekannt für die bunten Felsen – einer wird „Berg der sieben Farben“, ein anderer „Des Malers Palette“ genannt. Neben Riesenkakteen (-ussen?) ragen sand-, rost-, rosa-, grünlich-, bläulich-, lilafarbene Berge in die Höhe. Ein wahrer Genuss, diese Natur.
Hier noch ein paar Eindrücke von unserer Morgenwanderung – die Sonne im Rücken, die Berge in Sicht, Mate trinkend und das Leben genießend haben wir hier ein paar Stunden verbracht.
Wir sind mittlerweile noch weiter gereist – und zwar nach Iruya. Eine kleine Stadt auf knapp 3000m mitten in den Bergen im Norden Argentiniens. Bereits die Strecke von Tilcara nach hier war atemberaubend schön! Die Berge, die weiten Wiesen, die engen Straßen, auf denen unmöglich ein Bus fahren kann – denkste! Langsam und gemächlich sind wir über Stock und Stein getuckert und nach 3 Stunden Fahrt dann hier angekommen:
Es ist so ruhig hier, so gemächlich, so gemütlich. Alles und alle. Wir schlafen in einem Hostel mit Ausblick auf die Stadt und die Berge, neben uns sitzt eine reisende Familie mit Kind, in der Küche brodelt unser Eintopf – ein wärmendes Essen, weil es hier ganz schön kalt ist. Es regnet, wir sitzen auf der Terrasse und genießen die Stimmung.
Bis Mitte März sind wir unterwegs – Zeit haben wir und einen ungefähren Plan. Was dazwischen passiert, wissen wir nicht. Dass es gut wird, wissen wir schon.
Es grüßt euch die faszinierte, dankbare, sonnengeküsste
• K •
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